Mehrere Zürcher Gemeinden aus dem Bezirk Bülach und Dielsdorf haben den Regierungsrat Mario Fehr darauf hingewiesen, dass die geplante Erhöhung der Asyl-Aufnahmequote auf 1,6% der Wohnbevölkerung ab dem 1. Juli 2024 ihre Kapazitätsgrenzen sprengt. Beispielsweise müssten die 22 Gemeinden im Bezirk Bülach für rund 163'000 Einwohner zusätzlich zu den bestehenden 2'119 Plätzen weitere 489 Plätze schaffen. Die bisherige Quote von 1,3% konnte nur durch massive Anstrengungen wie Zwischennutzungen und den Entzug von Mietwohnungen erreicht werden. 

Ist der Regierungsrat bereit, mit der zusätzlichen Zuweisung von asylsuchenden Personen abzuwarten, sofern die betroffenen Gemeinden ein abstimmungsreifes Projekt zur zusätzlichen Schaffung von Asylunterkünften vorweisen können? Plant der Regierungsrat zurzeit noch andere Möglichkeiten, die Gemeinden in dieser sich anbahnenden «Notsituation» aktiv und unkompliziert zu unterstützen? Welche Massnahmen hat der Regierungsrat getroffen, um die Zuweisung vom Bund zuhanden Kanton Zürich zu reduzieren oder zu stoppen?
Dem Regierungsrat ist es bewusst, dass die Unterbringung von Asylund Schutzsuchenden eine grosse Herausforderung für Städte und Gemeinden darstellt. Der Kanton hat seine Unterbringungskapazitäten seit Januar 2022 mehr als verdoppelt und schafft ständig weitere kantonale Strukturen bzw. verlängert den Betrieb von befristeten Unterkünften. Die Migrationsströme können kantonal nicht gesteuert werden und die anwesenden Personen aus dem Asylbereich müssen untergebracht und betreut werden. Dabei geht es in der derzeitigen Situation mit ausserordentlich hohem Aufnahmedruck um die Sicherstellung der Unterbringung, die für allein reisende erwachsene Männer auch in Zivilschutzanlagen zumutbar ist. Das Kantonale Sozialamt ist ständig im Austausch mit den Gemeinden, leistet Unterstützung mittels Beratung und versucht, bezüglich Zuweisungszeitpunkt auf die Bedürfnisse der Gemeinden Rücksicht zu nehmen. Mit dem Verteilschlüssel des Bundes und den Aufnahmequoten der Zürcher Gemeinden wird gewährleistet, dass alle mit Aufgaben im Asylbereich Beteiligten ähnlich stark belastet sind. Der Bund weist die Asylsuchenden den Kantonen bevölkerungsproportional zu (Art. 21 Abs. 2 und 3 Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen, SR 142.311). Der Kanton setzt sich beim Bund bei jeder Gelegenheit vehement dafür ein, dass der Bund genügend eigene Unterkünfte bereitstellt, keine vorzeitigen Zuweisungen von Personen an die Kantone mehr vornimmt, seine mittlerweile rund 20000 Pendenzen abbaut und rasch eine Lösung für den Schutzstatus S findet. 

Ist der Regierungsrat bereit, die Gemeinden bei den provisorischen Lösungen, mit Unterkünften der Armee (Armeezelten, Container oder ähnliches, etc.), als Übergangslösung für 1–2 Jahre zu unterstützen?
Der Kanton kann über Unterkünfte und Material der Armee nicht frei verfügen. Die Gemeinden müssen sich bei Bedarf zur Unterstützung durch die Armee direkt an diese wenden.

Der Kanton verfügt über diverse Parzellen, die aus planerischer Sicht freigehalten werden. Ist der Regierungsrat bereit, eingezonte kantonale Parzellen unentgeltlichen im Baurecht für den Bau von Provisorien zuhanden der Gemeinden, auf denen sich diese Parzellen befinden, freizugeben?
Der Regierungsrat ist bereit, konkrete Anfragen der Gemeinden zu prüfen. Zuständig ist das Immobilienamt der Baudirektion. Kantonale Grundstücke können in einzelnen Fällen für eine kurz- und allenfalls mittelfristige Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Eine unentgeltliche Abgabe ist dabei ausgeschlossen. Der Kanton entscheidet fallweise anhand einer Interessenabwägung über Form, Dauer und Konditionen solcher Abgaben. Dabei berücksichtigt er allfälligen kantonalen Bedarf wie auch planungsrechtliche Rahmenbedingungen. Baurechte sind – im Gegensatz zu Provisorien – für eine langfristige Nutzung gedacht und daher nicht das geeignete Instrument für den vorliegenden (volatilen) Bedarf. Die Planung, Submission und Realisierung baulicher Provisorien beanspruchen entsprechend Zeit, auch da sie eine baurechtliche Bewilligung erfordern. Für kurz- und mittelfristige Lösungen sollten somit Bestandsobjekte (Eigentum oder Anmiete) im Vordergrund stehen. 

Ist der Regierungsrat bereit, Provisorien auf kantonalen oder gemeindeeigenen Parzellen, in sogenannten Reservezonen, befristet für oder von den Gemeinden erstellen zu lassen?
Die Erstellung von Bauten und Anlagen in Nichtbauzonen ist im Wesentlichen begrenzt auf Bauten für die Landwirtschaft und standortgebundene technische Anlagen. Eine Beanspruchung von Grundstücken ausserhalb des Baugebietes, auch solche zur befristeten Erfüllung kommunaler Asyl-Aufnahmequoten, ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Der Vollzug des Raumplanungsgesetzes ist an die Kantone delegiert. Aufgrund der erhöhten Aufnahmequote von Asylsuchenden und zur Entlastung der Gemeinden hat die Baudirektion am 13. März 2023 festgelegt, dass für temporäre Asylunterkünfte ausserhalb der Bauzonen in bestimmten Fällen eine befristete, unkomplizierte Praxis zur Anwendung kommt. Gemäss Rechtsprechung ist zwingend ein Nachweis der Standortgebundenheit erforderlich. Ausserhalb der Bauzone ist eine Asylunterkunft dann standortgebunden, wenn innerhalb der Bauzonen keine Alternativstandorte (unbebaute Bauzonen, verfügbare Gebäude wie auch Zivilschutzanlagen) vorhanden sind. Als Nachweis ausreichend ist eine Auflistung von geprüften Alternativen sowie eine Begründung, weshalb diese nicht verfügbar oder geeignet sind. Es ist jedoch ein ordentliches Baugesuch und eine Bewilligung der Baudirektion erforderlich. Entsprechende Gesuche werden prioritär und zügig behandelt. Eine allfällige Bewilligung erfolgt befristet für ein Jahr. Verlängerungen müssen erneut bewilligt werden. 

Auch die Medien berichten über diesen Vorstoss : Zürcher Unterländer / Tele Zürich